Exam Anxiety
Was ist Prüfungsangst?
Prüfungsangst ist eine Unterform der Angst. Angst ist eine Reaktion des Organismus auf bedrohliche Situationen. Im speziellen Fall, bei Prüfungsangst, wird die Angst nur auf eine Leistungssituation bezogen, die als bedrohlich empfunden wird. Körperliche Begleiterscheinungen können sein…
- Aufregung
- Herzklopfen
- Übelkeit
- Schwitzige Hände
- Kreislaufbeschwerden
- Verdauungsprobleme
- Stottern
Im Extremfall kann es auch zu psychosomatischen Beschwerden, wie Schlafstörungen und depressiven Verstimmungen oder aber auch Panikattacken und einem Blackout kommen.
Die Ursache von Prüfungsangst liegt meist in einer negativen Vorerfahrung, wie z.B. einem schlechten Ergebnis in einer vorherigen Prüfungsleistung. Aber auch negative Erzählungen durch Dritte, wie „Der Prüfer X bewertet wieder sehr streng“, können ein Auslöser sein. Tiefer liegend zeigt sich häufig auch ein negatives Selbstbild, mit verankerten Glaubensätzen, wie „Ich bin nicht gut genug“. Hinzukommt eine starke Selbst Attribution für Ergebnisse, in diesem Fall wird die Verantwortung für den Ausgang der Prüfung nur sich selbst zu geschrieben statt auf äußere Faktoren, wie die Tagesform, die Laune des Prüfers etc. zu achten.
Dies verstärkt den Kreislauf der Angst, in dem die Angst eine Eigendynamik entwickelt und sich nicht mehr kontrollierbar anfühlt. Das erschwert das Lernen und verstärkt die Prüfungsangst um so mehr. Das Gefühl, Belastungssituationen nicht gewachsen verstärkt sich weiter. Auch der eigene Druck mit Versagensängsten „Was passiert, wenn ich die Prüfung nicht bestehe? Bin ich gut genug?“ nimmt zu.
Letztendlich stellt der Körper sich auf die Angstsituation ein, um eine nahende Bedrohung reagieren zu können.
Wie kann ich Prüfungsangst erkennen?
Erst einmal: Nicht jede Nervosität vor einer Prüfung ist automatisch Prüfungsangst. Nervosität und Aufregung vor Bewertungssituationen ist völlig normal und auch eher gesund, da es im Körper Kräfte mobilisiert.
Um unter Prüfungsangst zu leiden, muss man kein grundsätzlich ängstlicher Mensch sein, da sich die Angst nur auf diese spezifischen Situationen bezieht. Prüfungsangst wird vor allem dann besorgniserregend, wenn sie wiederkehrend ist.
Welche Symptome zeigen sich?
- Denkblockaden/ Blackout während Prüfung
- Massive Beeinträchtigung des Lernens vor der Prüfung
- Vermeidungs-/ Verdrängungsstrategien (Absagen eines Prüfungstermins/ Aufschieben des Lernens)
- Psychosomatische Störungen (Schlafstörung, Herzrasen, Magen-Darm-Beschwerden…)
- Störung Leistungsfähigkeit (Konzentrationsstörung, Grübeleien, Aufmerksamkeitsstörung)
- Störung seelischen Befindens (Niedergeschlagenheit, Stimmungsschwankungen…)
- Extremfall: Panikattacken und Ohnmachtsgefühl
Wer leidet unter Prüfungsangst?
Grundsätzlich kann Prüfungsangst jeden betreffen. Die Dunkelziffer der Betroffenen ist hoch, da viele sich ihr Problem nicht eingestehen, weil es ihnen unangenehm ist.
Seit der Einführung des Bachelor-Master Systems sind die Zahlen der Hilfesuchenden bei psychologischen Diensten der Universitäten gestiegen. Vor allem sind aber Personen betroffen, die…
- Eine starke Selbstaufmerksamkeit haben und sensibel auf eigene Empfindungen reagieren
- Angst vor Misserfolg haben
- Zu starker Selbstkritik neigen
- Sehr hohe eigene Leistungsansprüche haben
- Hohes Leistungsmotiv zeigen, mit großer Furcht vor Misserfolg und starker Hoffnung auf Erfolg
Dies sind Eigenschaften, die eher stabil sind. Dennoch kann es hilfreich sein an ihnen zu arbeiten.
Tipps gegen Prüfungsangst
1. Die eigene Einstellung überprüfen
- es ist normal und angemessen Nervosität vor einer Prüfung zu empfinden
- es ist wichtig zu erforschen, was euch besonders Angst macht und welche kognitiven Glaubensätze tief verankert sind
- es kann helfen den eigenen Perfektionismus zu hinterfragen (Warum ist es mir so wichtig, besonders gute Leistungen zu erzielen?)
- eigene Erfolge bewusst machen und an die eigenen Fähigkeiten zurückerinnern
- die Situation realistisch einschätzen
- Wie sind die Anforderungen?
- Wie muss dafür der Lernaufwand aussehen?
- Wie würde meine Vorbereitungsphase aussehen?
3. Sich entspannen
- Wenn sich Angst breit macht, hilft es vor allem, wieder im Körper anzukommen und sich zu entspannen.
- Möglichkeiten: Spaziergänge, Yoga, Atemübungen
- Ziel: Stress und Anspannung abbauen (damit die Angstreaktion nachlässt)
4. Positiv denken
- Unbewusst denken wir häufig in negativen Glaubenssätzen „Ich schaffe das niemals“.
- Stattdessen sich positive Affirmationen, wie „Ich schaffe das“, suchen und täglich zur Routine werden lassen (jedes Mal, wenn ich mich an den Schreibtisch setze, sage ich zu mir selbst „Ich schaffe das“, bevor ich mit dem Lernen anfange).
- Dadurch werden das Selbstvertrauen und die Zuversicht gestärkt.
5. Sich Mut machen
- Realistische Ziele setzen, die auch zu schaffen sind
„Auch wenn die Angst kommt, bleibe ich ruhig und lasse mich nicht von der Angst kleinkriegen.“
6. Prüfungsvorbereitung
- Einen Lernplan aufstellen
"Je besser du vorbereitet bist, desto entspannter kannst du in die Prüfung gehen." - Den Lernstoff im Kopf zu haben gibt ein Gefühl von Sicherheit
7. Lernplan mit kleineren Zielen
- Häufig wirkt die Summe an Lernstoff zu überwältigend, sodass kleinere Ziele formuliert werden können, die leichter zu erreichen sind.
- Es kann hilfreich sein, genau festzulegen, wann was zu erledigen ist.
8. Scheuklappen aufsetzen
- In Prüfungsphasen umgibst du dich häufig mit vielen anderen Lernenden. In Pausen wird zusätzlich viel über den Lernstoff gesprochen. Hier entsteht schnell ein sozialer Vergleich und Druck, wenn andere das Gefühl vermitteln bereits viel weiter mit dem Stoff zu sein: „Wie das Kapitel hast du noch gar nicht gelesen und mit eingearbeitet?“
- Mach die Dinge in deinem eigenen Tempo! Nur weil du um 16:00 Uhr die Bib verlässt und andere Menschen noch länger da sitzen heißt es nicht, dass sie mehr machen oder effektiver lernen als du. Bleib mit deinem Fokus bei dir!
9. Prüfung simulieren
- Es kann hilfreich sein, die Prüfungssituation durchzuspielen
- Wie komme ich mit der Zeit hin?
- Was mache ich, wenn ich nicht die richtige Antwort parat habe?
Hilfe suchen bei Prüfungsangst
Da Prüfungsangst häufig im Universitären Kontext auftritt kann es hilfreich sein, die Psychologische Beratung deiner Universität aufzusuchen.
Diese können dich sonst auch weitervermitteln oder erste Ratschläge mit an die Hand geben.
Ansonsten findest du hier auch weitere Angebote…
- Unterstützung an der Uni Hamburg (Workshops als Einzelcoachings)
https://www.uni-hamburg.de/campuscenter/beratung/beratungsangebote/workshop-coaching/pruefungsangst.html - Workshop mit Gelassen Studiert
Sonderfall: BLACKOUT
Ein Blackout ist ein spezieller Fall, der häufig bei Prüfungsangst auftritt: Der Zugang zum Gelernten ist blockiert!
Ein Gefühl von starker Erregung, mit physischer und psychischer Anspannung macht sich breit. Hinzukommt ein Gefühl von Hilflosigkeit und Leere im Kopf.
Ein Blackout entsteht so: Unser Gehirn arbeitet am beste im mittleren Erregungszustand. Nervosität vor einer Prüfung kann die Leistung sogar temporär steigern. Ist die Anspannung aber zu groß werden einzelne Nervenzellen blockiert und die Informationsübertragung funktioniert nicht mehr.
Wie kann ich ein Blackout verhindern?
Als erstes akzeptieren, dass ein Blackout immer passieren kann und nicht automatisch eine Katastrophe eintritt (Was ist das Worst-Case Szenario? Meistens ist gar nicht so schlimm und es gibt immer noch alternative Wege!) Jetzt ist es wichtig tief zu atmen, sich zu entspannen und an frühere gute Prüfungen zurückzuerinnern. Vielleicht besteht die Möglichkeit einmal den Raum zu verlassen und einen kurzen Break zu machen? Und dann neu sortiert an deinen Arbeitsplatz zurückzukehren! Du kannst das Schaffen und hast all das Wissen parat, um die Prüfung zu meistern!
Quellen
Fehm, L., Fydrich, T. & Sommer, K. (2022). Prüfungsangst. Hogrefe Verlag GmbH & Company KG.
Knigge-Illner, H. (2010). Prüfungsangst besiegen: Wie Sie Herausforderungen souverän meistern. Campus Verlag.