Achtsamkeit & Entspannung
Was ist Achtsamkeit?
In unserer immer hektischeren, stressigeren und chaotischeren Welt sehnen sich immer mehr Menschen nach Ruhe, Entschleunigung und Bewusstheit. Mittlerweile ist erwiesen, dass Stress, sinnloser Konsum und eine digitale Überreizung negative Einflüsse auf unser psychisches Wohlbefinden haben. Um diesem entgegenzuwirken, findet das Konzept hinter der Achtsamkeit immer mehr Anklang in unserer heutigen Gesellschaft.
Die Idee dahinter ist, dass der Mensch seiner Tätigkeit ohne Wertung nachgehen soll - miit dem Fokus auf das Hier und Jetzt. Und das nicht nur körperlich, sondern auch mental, um in Verbindung mit sich selbst zu kommen und mehr Fokus und Ruhe zu gewinnen. Dies lässt sich nicht mit Multitasking verbinden. Unsere Gedanken sind häufig weit verstreut, in der Vergangenheit, bei aktuellen Sorgen oder bereits in der Zukunft. Bei der Achtsamkeit geht es um den aktuellen Moment - ohne Wertung. Dabei ist das Ziel, sich nicht mit den Gefühlen und Gedanken zu identifizieren, sondern sie mit Abstand zu betrachten.
Eine kurze Definition lautet:
"Achtsamkeit ist von Augenblick zu Augenblick gegenwärtiges, nicht urteilendes Gewahrsein."
(John Kabat-Zinn)
Traditionell steht der Begriff Achtsamkeit im Bezug zu spirituellen Konzepten und hinduistischen Gottheiten. Im westlichen Kontext hat der Begriff, durch Studien und Evaluierungen der Psychologie, eine alltägliche Daseinsberechtigung gewonnen.
Woher kommt Achtsamkeit?
Das Konzept der Achtsamkeit kommt ursprünglich aus dem Buddhismus und ist bereits 3000 Jahre alt. "Sati" das buddhistische Wort für Achtsamkeit, was so viel wie „die Realität sehen“ bedeutet, umfasst die Idee, dass jeder Gedanke eine subjektive Interpretation der Wahrheit sei und damit eine Illusion. Durch die Achtsamkeit soll sich frei von dieser „Einfärbung“ gemacht und der Blick geweitet werden. In der traditionellen Bedeutung beschreibt es somit die Bemühung klar zu sehen oder auch die Wahrheit finden. Im Buddhismus liegt die Achtsamkeit allein Mediationen zu Grunde.
"Achtsamkeit ist das Betrachten der körperlichen Verfassung, die Einordnung des seelischen Zustandes, die Fokussierung auf klare Gedanken und das Erwachen aus Lust, Übelwollen, Trägheit, Unruhe und Zweifel."
(Bikkhu Analayo)
1970 wurde die Buddhistische Achtsamkeit in die Psychologische Achtsamkeit überführt. Jon Kabat-Zinn hat das Konzept „Mindfulness-Based-Stress Reduction“ gegründet (MBSR) mit der Idee, Stress durch Achtsamkeit zu bewältigen. Dieser Ansatz ist wissenschaftlich sehr gut erforscht und evaluiert und lässt in der Anwendung den spirituellen Überbau weg.
Seit den 2000er verfließt die Definition, durch eine Popularisierung des Begriffs, immer mehr. Der Begriff wird vermehrt mit einer Kunst, ein erfülltes und entschleunigtes Leben zu führen, gleichgesetzt. Dabei werden häufig folgende Begriffe mit Achtsamkeit gleichgesetzt: Akzeptanz, Burnout-Prävention, Entspannung, Bewusstheit, Nachhaltigkeit, Minimalismus, Stressvermeidung, Zufriedenheit oder Selbstliebe.
Warum liegt das Wort Achtsamkeit in aller Munde? – Zahlen, Daten, Fakten
Die starke Verbreitung des Begriffs und Konzept hinter Achtsamkeit hat aber auch eine praktische Relevanz. Es zeigt sich, dass durch Achtsamkeit das Wohlbefinden und die Gesundheit gesteigert werden können. Achtsamkeitstraining ist ein fester Bestandteil verhaltenstherapeutischer Verfahren geworden. Es wird bspw. In der Therapie von Essstörungen, psychischen Problemen, Depressionen, Angststörungen oder auch bei Krebs angewandt. Der Begriff hat es aus der esoterischen Ecke herausgeschafft – und das zu Recht. Inzwischen haben auch Krankenkassen Interesse am Achtsamkeitstraining und bezuschussen zum Zweck der Prävention Achtsamkeitskurse.
Was Achtsamkeit nicht ist:
· Wellness als Selbstzweck
· Entspannungstechniken, um der kapitalistischen Gesellschaft noch mehr zu entsprechen
· Religion, Esoterik, Mystik
· Klare Handlungsregeln
· Multitasking, nicht fokussiertes paralleles Arbeiten
· Stärkung der inneren Unruhe
Was das Ziel eigener Achtsamkeitpraxis sein kann:
1. Traditionelle buddhistische Sicht: Die Bemühung klar zu sehen und Wahrheit zu finden
2. 1970 Jon Kabat-Zinn: Fokus auf den Moment, ohne zu bewerten
3. 2000er: Die Kunst, ein gutes Leben zu führen
4. Allgemein: Die Bemühung bei sich selbst anzukommen
Achtsamkeit beschreibt die Bemühung, durch bewusstes Innehalten bei sich selbst anzukommen. In Alltagsmomenten sorgt Achtsamkeit für Entschleunigung und einen Fokus auf das Hier und Jetzt. Langfristig sorgt Achtsamkeit für innere Ruhe und ein bewussteres Leben.
Achtsamkeits-Übungen für deinen Alltag
Die erfreuliche Nachricht: Achtsamkeit lässt sich lernen!!!
Und dafür gibt es ganz verschiedene Übungen und Möglichkeiten. Für dich kann es bedeuten mit einer fünfminütigen Meditation in den Tag zu starten oder aber auch eine alltägliche Tätigkeit mit einer neuen achtsamen Perspektive zu betrachten. Du kannst bspw. beim Radfahren die frische Luft um die Nase herum wahrnehmen oder unter der Dusche die warmen Wassertropfen auf deiner Haut spüren. Ganz einfach im Alltag umgesetzt, kannst du dich immer wieder auf deinen Atem konzentrieren und Distanz zu deinen Gedanken gewinnen.
Konkrete Möglichkeiten:
1. Atementspannung als Angebot von der TK
2. Einen Moment Innehalten
> Am besten nimmst du dir hierfür eine Minute Zeit mitten am Tag. Du kannst es auch so oft wiederholen, wie du magst. Dafür schließt du die Augen und spürst in deinen Körper hinein. Versuche entweder einzelne Körperstellen oder aber auch den Körper als Ganzes wahrzunehmen. Beobachte hierbei aufkommende Gedanken und Gefühle. Nimm sie einfach wahr und akzeptiere, wie sie im aktuellen Moment sind. Wenn du diese Übung häufiger durchführst, wirst du merken, wie sie dir Ruhe und Entspannung schenkt.
3. Bewusst gehen
> Eine Möglichkeit ist es, dich während des Gehens auf das Gehen zu fokussieren. Das klingt banal aber vielleicht wirst du feststellen, wie selten du genau das machst und statt dessen in Gedanken bei Verabredungen oder To-Dos bist. Suche dir einen Alltagsgang, wie z. B. morgens der Weg zur U-Bahn und nimm wahr, wie deine Füße den Boden berühren, wie sie abrollen, wie du Schritt vor Schritt setzt. Was passiert mit deinen Muskeln? Entspannen sie? Oder sind sie eher angespannt? Welche Körperhaltung hast du? Wie fühlt sich der Untergrund an?
4. Bewusst atmen
> Hierfür benötigst du etwas mehr Zeit. Es reichen aber schon zehn Minuten aus. Am besten stellst du dir einen Timer von 10 Minuten. Setze dich aufrecht hin, schließe deine Augen und konzentriere dich auf deinen Atem. Beobachte deine Ein- und Ausatmung, ohne sie zu verändern, wie sie ganz von alleine kommt und wieder geht. Wo kannst du den Atem wahrnehmen? Spürst du wie sich der Brustkor hebt und senkt? Ebenso deine Bauchdecke? Wenn die Gedanken abschweifen, nimm dies wahr und kehre zurück zur Beobachtung deines Atems. Kehre nach den zehn Minuten wieder ins Hier und Jetzt zurück. Wie fühlst du dich?
5. Achtsam essen
> Hierfür könnt ihr euch eine Mahlzeit an eurem Tag aussuchen, wie z. B. das Frühstück oder Abendessen, an denen ihr etwa 20 Minuten Zeit habt und bewusst eure Achtsamkeit trainieren wollt. Während der Mahlzeit könnt ihr euch verschiedenen Fragen und Sinneswahrnehmungen widmen:
1. Hast du Hunger oder Appetit? Wodurch kannst du den Hunger wahrnehmen? Wie stark fühlt er sich an?
2. In welcher Stimmung bist du gerade?
3. Wie sieht dein Essen vor dir aus?
4. Welche Gerüche nimmst du wahr?
5. Beim Essen: Wie ist die Konsistenz? Welchen Geschmack nimmst du wahr? Wie fühlt sich das Essen im Mund an?
6. Nach dem Essen: Wie satt bist du? Wie spürst du die Sättigung? Fühlst du dich befriedigt nach dem Essen? Dies kann dir dabei helfen ein Bewusstsein für Lebensmittel und Mengen zu schaffen. Dadurch wirst du lernen deinen Körper mehr zu spüren und auf seine Bedürfnisse stärker zu achten.
6. Dankbar sein
Die Dankbarkeitspraxis ist eine gute Möglichkeit deine Achtsamkeit zu schulen und gleichzeitig trägt sie vor allem zu deiner
Zufriedenheit bei. Nimm dir entweder morgens oder abends die Zeit und überlege dir drei Dinge für die du heute dankbar bist. Vielleicht stellst du sie dir in Gedanken vor oder aber schreibst sie in ein kleines Heft. Du kannst dabei den aktuellen oder vorherigen Tag durchgehen und überlegen, was dich bewegt hat, welche Menschen / Dinge / Erlebnisse dich begleitet haben und wofür du dankbar bist. Es reichen bereits die kleinen Dinge des Alltags, wie der Geruch von deinem frischen Kaffee/Tee am Morgen oder das nette Lächeln einer fremden Person. Konzentriere deine Wahrnehmung einen kurzen Moment auf die einzelnen Sachen und nehme dein Gefühl der Dankbarkeit wahr.
Weitere Möglichkeiten, um mehr Achtsamkeit in deinen Alltag zu integrieren
Körperliche Aktivität
- Yoga
Ein sehr bekanntes Beispiel ist Yoga. Es vereint körperliche Anstrengung mit Mediation, Entspannung und Atemtechniken und schafft so einen Zustand der Erdung und Entschleunigung. - Alle anderen Aktivitäten können aber ebenfalls eine Achtsamkeitspraxis sein (Handball, Joggen, Wandern…), weil sie helfen, Ruhe zu finden und ins aktuelle Spüren zu kommen
Bullet Journal und Reflektion
- Schreiben + Reflektieren + Bewusst werden
- Ein guter Plan: https://einguterplan.de/zeitlos
Meditations Apps
- Balloon
- 7 Mind
Podcasts
- „Verstehen, fühlen, glücklich sein – der Achtsamkeitspodcast“
- Der 7Mind Podcast mit Rene Träder „Bewusst, achtsam & gelassen“
- The Mindful Sessions – Für mehr Achtsamkeit & Soulpower“
ENTSPANNUNG
Was ist Entspannung?
„Entspannung ist der psychophysische Zustand mit einer geringen Aktivierung, subjektiv und physiologisch besonders deutlich nach einer vorausgegangenen Anspannung, die sich unter Ruhebedingungen oder durch aktive Entspannung löst“. (Spektrum)
Warum Entspannung wichtig ist?
Würden wir nicht entspannen, würde unser Körper die ganze Zeit auf Hochtouren fahren. Fährt unser Körper zu lange im Stressmodus, werden die Stresshormone nicht mehr komplett abgebaut. Folgen von dauerhaftem Stress sind körperliche und psychische Erkrankungen, wie Herz- und Kreislauferkrankungen, Depressionen und Diabetes. Entspannung sorgt für eine Art „Wartungsprogramm“ unseres Körpers, in dem Körper und Geist gezielt entlastet werden. Das Erkennen und Beseitigen von Stress-Auslösern ist die wichtigste Maßnahme zur Stressvorbeugung. Dabei sollten wir uns Ruhephasen gönnen, um leistungsfähig und belastbar zu bleiben.
Was passiert im Körper wenn wir entspannen?
Während einer Stressreaktion schüttet unser Körper Stresshormone, wie Cortisol und Adrenalin aus. Dabei steigen Blutdruck und Puls an und wir empfinden weniger Schmerzen. Dabei ist der Körper wie für eine bestehende Bedrohung gerüstet. Dies kann für unseren Körper aber nicht als Dauerprogramm funktionieren, da es den Körper zu sehr belastet. Auf eine Stressreaktion muss also eine Entspannungsreaktion des Körpers erfolgen. Der Hippocampus (Region im Gehirn) schüttet kurzzeitig Hormone, wie Dopamin und Noradrenalin aus, die Herzschlag und Atmung beschleunigen, um zu checken „Ist hier gerade wirklich Entspannung erlaubt?“. Ist dies der Fall, werden Stresshormone runtergefahren. Die Gefäße weiten sich und der Blutdruck sinkt. Wir erleben einen Entspannungsmodus.
Willentlich können wir Entspannung durch tiefe Atmung erzielen. Tiefer und langer Atem senkt die Herzfrequenz, die Muskeln erschlaffen und der Blutdruck fällt ab.
Methoden zum Entspannen
Für manche Menschen reicht eine kleine Auszeit. Dies kann durch Sport oder das abendliche Ausruhen auf dem Sofa geschehen. Bei vielen Menschen reicht es aber nicht, um aus dem ständigen Anspannungsmodus und kreisenden Gedanken in einen Entspannungsmodus einzutauchen.
Regelmäßige individuelle Strategien können helfen, um Entspannung wieder für dich zu erlernen.
Bei all diesem Methoden spielt die Atmung eine wichtige Rolle:
- Yoga
> eine jahrtausendealte Philosophie
> Bestandteile: Meditation + Asanas (Körperübungen) + Pranayama (Atemtechniken)
> Studien zeigen, dass eine regelmäßige Praxis sich positiv aufs Nervensystem auswirkt (auch ein hoher Blutdruck kann gesenkt
werden) - Meditation
> regelmäßige Meditation kann zu einem weniger gestressten Zustand führen
> kann den Blutdruck senken
> führt zu einer besseren Verarbeitung von Gefühlen (die auch unbewusst für Stress sorgen können) - Achtsamkeitstraining
> hierdurch die Selbstwahrnehmung verbessern und den eigenen Gefühlen und Gedanken mehr Aufmerksamkeit schenken - Bodyscan (gedanklich den Körper wahrnehmen)
- Autogenes Training
> Entspannungstechnik, die aus der Hypnose entwickelt wurde
> Kern der Methode sind formelhafte Sätze „Der rechte Arm ist schwer“, „Das Herz schlägt ruhig“, die wiederholt werden - Progressive Muskel Relaxation
> Idee der Methode ist ein Wechsel aus Anspannen und Loslassen
> der ganze Körper wird dabei durchgearbeitet (von Füßen bis zum Kopf) - Tai-Chi und Qigong
> kommen aus der traditionellen chinesischen Medizin
> verbinden bei langsamen Bewegungen Körper- und Atemübungen
Methoden der Entschleunigung
- Erster Schritt: Schaffen bewusster Momente der Entschleunigung (Pausen)
Tipps für die Umsetzung:
> Pausen / Positive Freizeitaktivitäten bewusst in den Alltag integrieren
(als festen Termin in den Kalender eintragen)
> Probleme direkt ansprechen (Vermeiden von unbewusst angestauten Stressoren)
> sich regelmäßig bewegen
> üben, bewusst und tief zu atmen
> genug und gut schlafen
Beispiele für Angebote der Universität Hamburg (über den Hochschulsport):
- Yogakurs
- Meditation
Quellen:
https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/psychologie/achtsamkeit/index.html
https://einguterplan.de/achtsamkeit
https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/entspannung-wie-geht-es-richtig/
https://gesund.bund.de/gesund-mit-entspannung#quellen
https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/entspannung/4161